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Warum lässt Gott das zu?

Es war ein schöner Frühlingstag. Der Sohn des Jägers hatte schulfrei und so lud ihn sein Vater ein, ihn in das Nachbarrevier zu begleiten. Denn der Förster dort war krank und konnte sich nicht um seinen Wald und die Wiesen kümmen. Vater und Sohn machten sich also auf: beide mit Rucksack, der Förster mit Gewehr und üblicher Ausrüstung, sein Sohn mit Netz zum Schmetterlingsfangen und einem Einwegglas, um dort eines dieser wunderschönen Tierchen hineinzupacken. Und so zogen sie kilometerweit durch den Wald, bis sie zu einer Wiese kamen. Die war so wunderbar, mit vielen Blumen und Gras, ging bis zum Horizont – Himmel und Erde gingen dort quasi ineinander über -, so schön, daß sich beide hinsetzten und rasteten.

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Doch den Jungen hielt es nicht lange. Während sein Vater schlief, entdeckte er einen Schmetterling, so bunt und groß, wie er ihn noch nie gesehen hatte. Er versuchte ihn zu fangen, lief und lief immer weiter auf die Stelle zu, wo Wiese und Himmel ineinander übergingen.

Sein Vater erwachte langsam, sah den Sohn schon viele Meter weit entfernt und – erschrak: “Komm zurück, schnell, lauf nicht weiter!” Doch sein Sohn hörte nicht. Er rannte weiter hinter seinem wunderbaren Schmetterling hinterher, ohne zu wissen, dass dort, wo Himmel und Wiese aneinandergrenzten, also nur noch ein kurzes Stück vor ihm, ein 100 Meter tiefer Abhang war.

Der Vater schwenkte die Arme, rief und rief. Doch vergeblich. So nahm er das Gewehr, zielte auf ein Knie des Jungen und schoss. Er traf gut, der Junge krachte auf dem Boden, weit genug vom Abhang entfernt, so daß er ihn noch nicht sehen konnte. Sein Schmetterling verschwand, noch bevor der Vater ihn erreichte. Der Sohn weinte: “Warum hast Du das getan? Noch nie habe ich einen so schönen Schmetterling gesehen. Du gönnst ihn mir nicht und schießt auch noch auf mich.” Es waren die letzten Worte des verzweifelten und enttäuschten Sohnes an seinen Vater für viele, lange und harte Wochen.

Der Sommer war schon fast vorbei, da wurde der Junge aus dem Krankenhaus entlassen. Sein Vater sagte ihm: “Wir gehen wieder hin zu dieser Wiese.” Doch der Sohn rief: “Willst Du mich weiter quälen? Damals hast Du mich angeschossen, damit ich meinen Schmetterling nicht bekomme und jetzt willst Du mir ausgerechnet diese Stelle wieder zeigen?” – Der Vater antwortete nur: “Komm, mein Sohn, folge mir, es ist wichtig.”

Und sie kamen zu der Stelle und gingen weiter, bis an den Punkt, wo der Himmel die Wiese berührte. “Langsam, mein Sohn, schau nach vorne, aber geh’ langsam.” Der Sohn sah den Abhang, brach in Tränen aus und entschuldigte sich schluchzend: “Vater ich wußte nicht, was Du wolltest. Ich vergaß, daß Du mich immer schützen wirst. Ich war so verzweifelt, wegen des Schmetterlings, aber Du hast mir das Leben gerettet.” Sein Vater, der ihm schon längst verziehen hatte, nahm seinen Sohn in die Arme und tröstete ihn.

Genauso ist Gott mit uns. Oft wissen wir nicht, was er will. Aber er, der Vater, er weiß es.